Bjørn Waag

Bjørn Waag Leitsatz

Wenn die Dinge uns brennend auf den Leib rücken, muss Kunst entstehen, die das Brennen zum Ausdruck bringt. Ihre Verwirklichung ist keine Frage richtiger Distanz, sondern richtiger Nähe.

Bjørn Waag Fragen

Wo haben Sie bisher gelebt?
In Kirkenes (am Nordkap), Oslo, München, Berlin, Bremen, Florenz, Mannheim, Trier, Weimar.
Wo möchten Sie unbedingt noch leben?
In einer verbesserten Gesellschaftsordnung.
Was für eine Ausbildung haben Sie gemacht?
Eine langwierige: Sie dauert noch an.
Ihre Lieblingsfilme?
Viscontis "Die Verdammten", Woody Allens "Stardust Memories", das gesamte Oeuvre Alexander Kluges.
Ihr eindrucksvollstes Musikerlebnis?
Beethoven op. 111 gespielt von Daniel Barenboim 1976, 1985, 2003. "Tristan" mit Sir Colin Davis, Dame Gwyneth Jones und Jon Vickers 1981 in London, Wolfs Goethe-Lieder, Fischer-Dieskau/Richter vom 1976
Ihre Lieblingsopern?
Alban Berg "Wozzeck", W. A. Mozart "Figaro", Richard Wagner "Meistersinger", Zimmermann "Die Soldaten", Trojahn "Orest", Reimann "Lear".
Was schätzen Sie bei Musikern am meisten?
Wachheit, Unvoreingenommenheit, Intelligenz und den Mut, gewähren zu lassen.
Welche Musik hören Sie privat?
Da man nicht privat hören kann: mit einer Person meines Vertrauens zur Zeit Beethovens Streichquartette vergleichend in den Interpretationen vom Alban-Berg-Quartett (EMI) und vom Melos-Quartett (DG).
Was ist Ihr grösstes Laster?
Ungeduld und die Neigung, aus Dekonstruktion Destruktion zu machen.
Welches Ziel wollen Sie unbedingt erreichen?
Wahrhaftig sein.
Was hassen Sie am meisten?
Zu Hass möchte ich nicht fähig sein. Ich verachte Heuchler, die Narretei der sozialen Medien, Oberflächlichkeit und jedes affirmative Verhalten.

Bjørn Waag Opernsänger

Bjørn Waag studierte in München und Berlin Gesang, Dirigieren, Musikwissenschaft und Philosophie, war Kulturredakteur bei der ältesten Tageszeitung Norwegens "Morgenbladet" und Meisterschüler von Dietrich Fischer-Dieskau und Ernst Haefliger. Erste Festengagements führten ihn schon 1984 zum Theater Bremen, darauf folgten u.a. das Nationaltheater Mannheim, das Musiktheater im Revier, das Deutsche Nationaltheater Weimar und die Oper Basel.

Waag übernahm zudem 2003 den Lehrstuhl Kurt Widmers an der Hochschule für Musik in Basel, wo er eine volle Hauptfachklasse betreute. Zudem leitete er die dortige Fachgruppe Gesang/Liedinterpretation, war Künstlerischer Leiter des von ihm entwickelten Studios für Musiktheater FRONT STAGE BASEL und Initiator und Präsident des "LiedForumBasel" e.V. Schon im November 1997 wurde Waag die Mitgliedschaft in der Freien Akademie der Künste angetragen, "... in Anerkennung seiner vielfältigen künstlerischen Arbeit im Bereich Darstellende Kunst/Theater."

Als Gastsänger ist er europaweit unterwegs: An der Bayerischen Staatsoper, dem Staatstheater Stuttgart, "La Fenice" in Venedig und die "Maggio Musicale" in Florenz, um nur einige zu nennen. Mit Konzerten und Liederabenden trat er in ganz Europa, von Kirkenes nach Palermo, auf. Eine langjährige Zusammenarbeit mit dem Radio-Sinfonie-Orchester des Hessischen Rundfunks begann schon 1988.

Waag führte bereits über 140 Opernpartien auf. Einen Schwerpunkt seiner Arbeit bildet die zeitgenössische Musik, Komponisten wie Trojahn, Huber, Zimmermann, Moser und Heusinger schrieben Rollen speziell für ihn. Er arbeitete mit Regisseuren wie Jürgen Gosch, Elisabeth Stöppler, Claus Guth, Jossi Wieler und Vera Nemirova. Waag sang 2012/13 die Titelpartie in Trojahns "Orest" (DEA) an der Staatsoper Hannover und war bisher schon in sieben Neuinszenierungen des "Ring" als Alberich und Gunther zu erleben.

In letztem Jahr wurde er als Beckmesser in Wagners "Meistersinger" bei der ersten Inszenierung des Werks in Polen seit dem Jahre 1932 gefeiert. Dr. Schön in Bergs "Lulu" (Regie: E. Stöppler), Shylock in "Der Kaufmann von Venedig", die Prager Erstaufführung des gigantischen Werks "Totentanz" von Thomas Adès unter der Leitung des Komponisten sowie eine Konzerttournee mit Schönbergs "Überlebender aus Warschau" rundeten mit einer Neuinszenierung des "Siegfried" das Jahr ab. Im Münchner Gasteig und der Stuttgarter Liederhalle war er soeben an der Seite von Jan-Josef Liefers wieder Alberich/Gunther in Loriots "Der Ring an einem Abend". Von Bjørn Waag liegen zahlreiche CD-Aufnahmen mit Werken u.a. von Wagner, Schönberg, Wolf-Ferrari und Laporte (K. in "Das Schloss") vor.

In der kommenden Spielzeit wird Waag den kompletten Ring in Chemnitz zur Aufführung bringen. Sein Rollendebut als Pizarro in "Fidelio" steht kurz bevor.

Bjørn Waag Gesangspädagoge

Neben seinem Sängerlaufbahn war Waag künstlerischer Leiter des von ihm entwickelten Studios für Musiktheater "Front Stage Basel" Initiator und Präsident des "LiedForum Basel e.V.", sowie Sprecher des Lehrkörpers und Mitglied des Aufsichtsrates der Musik-Akademie. Ein Schwerpunkt der Arbeit Waags liegt bei der zeitgenössischen Musik

Kunstlehre - ein Gespräch: "Der Lernende steht im Zentrum"

Fragen an Bjørn Waag zur Aufnahme seiner Unterrichtstätigkeit an der Musik-Akademie Basel Gesprächspartner: Bettina Auer und Dr. Anton Haefeli

Waag unterrichtete an der Hochschule für Musik der "Musik-Akademie Basel" als Nachfolger von Kurt Widmer Sologesang, Liedinterpretation und Musiktheater. Er gab dazu für das Monatsbulletin des Theater Basels Auskunft zu Fragen über seine Tätigkeit.

Was reizt einen erfahrenen Sänger daran, junge Studierende auszubilden?
Es ist mehr als ein Reiz, es ist eine Erfüllung. Ich habe mir zwar die Möglichkeit erhofft, an einer Lehrinstitution tätig zu werden. Widmer hat über Jahrzehnte die Szene fest geprägt und ist ein Vorbild Studierender auf der ganzen Welt. Die Aufgabe der Transformation wird nicht leicht. Ich halte es für wichtig, dass der Gesangslehrer selbst mitten im praktischen Bühnenleben steht. Besonders in der heiklen Beziehung zwischen Praxis und Lehre sehe ich an den deutschsprachigen Hochschulen grundsätzlichen Nachholbedarf. Zudem arbeite ich an einem Konzept, das außer einem gesteigerten interdisziplinaren Dialog auf eine größere Öffnung gegenüber anderen kulturellen Institutionen zusteuert.
Was müssen Sänger und Sängerinnen auf der Opernbühne für Sie über die Gesangstechnik hinaus können?
Den richtigen Umgang mit einer Vorlage beherrschen, also die Partie oder Rolle, die es im Moment zu gestalten gilt, schon in der Vorbereitungsphase durchdringen. Ich würde diesen Vorgang allgemein mit dem Umgang mit Menschen vergleichen: Man sollte Achtung zeigen, neugierig sein, der Vorlage ein Stück Vertrauen (also Liebe) entgegenbringen. Dadurch kann die Fähigkeit entstehen, zwischen den Noten lesen zu können, subtextuell notierte Signale aufzunehmen, um sie dann für sich eigenständig umsetzen zu können. Ich lehne die methodische Trennung von Technik und Interpretation mit Entschiedenheit ab, auch in der Anfängerphase. Das technische Können der Sänger ist das Vehikel zur Realisierung ihrer künstlerischen Absicht. Zudem müssen die Studierenden lernen, mit ihrem Körper als Instrument umzugehen, wie man mit der eigenen Psyche und seinem Körper auch Extremsituationen - die es auf der Opernbühne und Konzertpodium oft genug gibt - bewältigt.
Welche Fehler können junge Sänger und Sängerinnen - aus Ihrer Erfahrung - vermeiden? Haben Sie ein Motto für sie parat?
Auf der einen Seite werden junge KollegInnen in der Ausbildungphase dazu angehalten, fast übertrieben vorsichtig mit sich selbst zu verfahren. Im Berufsalltag lassen sie sich dafür um so schneller zermalmen von den Erfordernissen und der Schnelligkeit des Geschäfts, der plötzlichen und erschreckenden Begegnung mit dem Riesenapparat des Opernorchesters. An diesem Punkt wäre eine enge Abstimmung zwischen Ausbildung und Praxis, also genauer, Lehrer und Theaterleiter, besonders wünschenswert. Schauen Sie:

Wenn der singende Künstler sich mit dem jeweiligen Werk sehr ernsthaft auseinandersetzt, gibt das Werk etwas zurück, was einen selbst wiederum verändert. Und was einen verändert, ist das, was man lernt, weil lernen schlicht sich verändern heißt. Das Thema des Lehrers dabei ist, diesen Prozess wach und liebevoll, aber auch streng zu begleiten. Ich finde den Begriff "Begleiten" besser als "Methode", ich glaube an keinen sängerischen Königsweg, jeder ist anders gebaut. Es gibt zwar "richtige" Grundprinzipien, die für alle gelten, aber eben sehr unterschiedliche Aufgaben und Anatomien. Jeder Sänger baut sich sein eigenes Haus aus den Wissenssteinen und dem Material, was er sich aus verschiedenen Höreindrücken und von mehreren Lehrern Zeit seines Lebens zusammensetzt. Als Lehrer muss man diesen Prozess des "Hausbauens" begleiten.

Sie haben bislang noch nichts über die Ausbildung der Gesangsstudierenden auch zu Musikpädagogen gesagt. Liegt Ihnen das ebenso am Herzen? (AH)
Aber ja. Nicht nur angesichts der real existierenden Zwänge bei der späteren Berufswahl, sondern viel mehr und vor allem wegen der eminenten Wichtigkeit pädagogischer Tätigkeit für alle Künste in unserer gegenwärtigen Krisenlage liegt mir daran sehr viel. Da die Annahme Adornos, die Künste befänden sich gesellschaftlich in einem Zustand der Selbstliquidation, würden jedoch nicht einfach verschwinden, sondern wie abgebrochen darin verharren, sich bewahrheitet hat, ist der Interpret allein mit dem Aufzeigen der Reflexion auf eben diesen Prozess der Abschaffung gänzlich überfordert. Nur gemeinsam können Schaffende, Interpreten und Pädagogen, denen hier eine ganz besonders wichtige Aufgabe zukommt, die Flaschenpost unserer Botschaft, nämlich die Utopie einer Rettung, in die Zukunft hinübertragen.
Hierzu passt fast nahtlos einige bemerkenswert kritische Gedanken zur Musikinterpretation, die Sie veröffentlicht haben. Darf ich diese am Schluss zitieren? (AH)
Selbstverständlich.

Dann bleibt mir nur noch, Ihnen für dieses Interview zu danken und für Ihre Unterrichtstätigkeit an unserem Hause alles Gute zu wünschen in der Hoffnung, Ihnen gelinge es, Ihre Studierenden zu der Haltung zu bringen, die Sie in den folgenden Sätzen einfordern (AH):

"Mit welcher Vehemenz die real existierende Mediengesellschaft auf Vermittlung als ihr Grundprinzip ohne Rücksicht auf Inhaltliches oder gar dessen Unterscheidung im künstlerischen Gehalt besteht, kann nur den verwundern, der nicht erkennt, dass ihr Ziel vor allem eines ist: die Glättung.

Diese conditio sine qua non wollen wir nicht gelten lassen. Die Gebilde, die in der Auseinandersetzung der Tondichter mit der Textvorlage entstanden, mögen in ihrer Disparität, in ihrer beunruhigenden Anstrengung für Zuhörer wie für Interpreten Geltung als Zumutung beanspruchen, das Gegenteil einer sogenannten "runden Sache" sein.

Diese Beunruhigung im und durchs Werk suchen wir - dass sie eine produktive Unruhe zeitigen möge, wünschen wir."

Bjørn Waag Publizist

Schon als 18-Jähriger wurde Waag zum Konzert- und Opernkritiker beim Morgenbladet, der ältesten Tageszeitung Norwegens berufen. In den darauf folgenden fünf Jahren stieg er als Kulturredakteur und Mitglied der Nachtredaktion (CvD) intensiver in die Produktion der Zeitung ein und veröffentlichte über 500 Artikel, Interviews und Essays zu kulturellen und gesellschaftlichen Fragen. Die Zusammenarbeit mit verschiedensten Zeitschriften zur neuen Musik in mehreren europäischen Ländern dauert bis heute an.

Auch in der Politik war Waag tätig. So leitete er den Wahlkampf der Partei DIE LINKE. in Weimar (TH) und Umgebung bei den Landtagswahlen 2014, war Chef der Öffentlichkeitsarbeit der Partei von 2014-2017 und CvD bei der Kampagne vom OB Stefan Wolf 2018.

Über zwei Erfolge seiner publizistischen Tätigkeit Freud sich Waag besonders: Im Rahmen einer von ihm initiierten und koordinierten Bürgerinitiative gelang es, den geplanten Umzug des Musiktheaters des Deutschen Nationaltheaters Weimar in die Landeshauptstadt Erfurt zu verhindern ("KeinHalbesDNT 2016").

Die BI "Unser Museum bleibt" sammelte unter Waag 2017 über 17.000 Unterschriften für den Verbleib des ureigen weimarischen "Museums für Ur- und Frühgeschichte" im Haus im Poseckschen Garten in Weimar. Die Landesregierung hatte sich vorgenommen, die Sammlung in der preussischen Festungsanlage am Petersberg in Erfurt zu installieren. Angesichts des immensen Widerstandes durch die BI wurde das Vorhaben aufgegeben. Mehr dazu hier.

Zur Zeit arbeitet Waag an einer Essaysammlung über gelebtes Musiktheater in der digitalen Zeit.

Bjørn Waag Repertoire

Bjørn Waag verfügt über immense Repertoirekenntnisse sowohl in der Opernliteratur wie - im Besonderen - im deutschen Lied. Bis jetzt 140 Rollen, über 175 Opernproduktionen, tausende von Liedern und zahllose Uraufführungen finden sich in seinen Repertoirelisten und seiner Biographie wieder. Waag war zudem als Dirigent, Regisseur und Dramaturg tätig - und in seiner Heimat Norwegen über Jahre als Kultur-Journalist und Musik-Kritiker.

Die Kraft seiner künstlerischen Auseinandersetzung speist sich aus Ungeduld, Neugierde und Hochachtung vor der Vorlage: "Stets ein wenig unruhig und reizbar blickt so das künstlerische Bewusstsein nach verlorenen Naivitäten sich um, in die es jedoch kein Zurück mehr gibt, da Bewusstmachungen irreversibel sind."

OPERNREPERTOIRE BJØRN WAAG

AKTIVES ORCHESTER-KONZERT-REPERTOIRE BJØRN WAAG (AUSZÜGE)

Bjørn Waag Kontakt

Mag. Leo Krischke, CEO
Artist Manager
Opera4u.com GmbH
Windmühlgasse 32/4
A-1060 Wien
Tel.: +43-1-5137592-0
www.opera4u.com
krischke@opera4u.com

Cornelia Helfricht Artists Management
Kellerweg 14
D-95346 Stadtsteinach
Tel.: 0049-9225-266 98 70
Handy: 0049-172-611 83 51
Email: info@helfrichtartists.com, c.helfricht@web.de
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